"Provokatives Buch"
"In der Tradition der Streitschrift"
Kindergärten und Grundschulen müssen digitalfreie Oasen bleiben, fordert Ingo Leipner. Der Diplomvolkswirt und Journalist gibt zu bedenken, dass die Sammlung von Daten - etwa beim E-Learning - im Widerspruch zum Bildungsauftrag steht.
Harmlos? Ein Student war an einer norddeutschen Universität eingeschrieben, saß in der Bibliothek und hatte vor sich mehrere Bücher ausgebreitet - darunter auch „Die Lüge der digitalen Bildung“. Ein Dozent kam vorbei, warf einen Blick auf die Literatur und kommentierte unser Buch mit den Worten: „So ein Buch würde ich nicht verwenden, sonst könnte das später mit einer Anstellung schwer werden.“ Was für ein Armutszeugnis, wenn Dozenten so Denkverbote aussprechen.
Wer unser Buch bis zum Ende liest, stellt schnell fest: Wir wollen nicht die gute alte “Kreidezeit” verklären, als der Lehrer mit staubigen Händen vor einer Kreidetafel stand. Nein, statt um Verklärung, geht es uns um Aufklärung: „Eine Kindheit ohne Computer ist der beste Start ins digitale Zeitalter“ lautet unsere zentrale These - ein schmerzhafter Nadelstich für den digitalen Mainstream.
„Eine Kindheit ohne Computer ist der beste Start ins digitale Zeitalter“, lautet Ihr Credo. Warum?
Klingt paradox, ist aber ein bewusster Kontrapunkt zum Hype um digitale Medien in der Bildung, ohne Rücksicht auf die Entwicklungspsychologie. Die Wissenschaft sagt ganz klar:
Kinder brauchen eine starke Verwurzelung in der Realität, bevor sie sich in virtuelle Abenteuer stürzen. Ihr Gehirn entwickelt sich besser, wenn kein Tablet reale Welterfahrung
verhindert. Das gilt besonders für Kindergartenkinder und Kleinkinder nach der Geburt. Sie sollten toben, tanzen, klettern und nicht auf Bildschirme
starren. Durch ihre sensomotor-ischen Erfahrungen bauen sie absolut notwendige Denkstrukturen auf, alles für eine gesunde Gehirnentwicklung. Diese Denkstrukturen brauchen Kinder später, um als
kritische und selbstbewusste Bürger im Internet zu sein. Das klappt aber nur, wenn Bildschirme nicht zu früh die Lebenszeit fressen, in der Kinder die Welt
begreifen lernen. Das Wort „begreifen“ hängt nicht zufällig mit dem Verb „greifen“ zusammen.
Aber geht nicht beides, reale Welterfahrung und Computer?
Nein, bei den heutigen Nutzungszeiten digitaler Medien ist es eine Illusion, so etwas zu glauben. Das Gegenteil ist der Fall: Laut der KIM-Studie 2014 (Kinder +
Medien, Computer + Internet) des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest kommen 8- bis 9-Jährige bereits auf eine tägliche Bildschirmzeit von rund 2,5 Stunden, bei
10- bis 11-Jährigen sind es schon rund 3,5 Stunden. Dabei ist das Fernsehen der Spitzenreiter. So geht wertvolle Zeit verloren, die Kinder eigentlich für die
Entwicklung ihrer Denkfähigkeit brauchen, und zwar durch senso-motorische Erfahrungen. (...)
Das ganze Gespräch lesen Sie als PDF-Dokument.
Es wäre „fahrlässig, nicht zu handeln und panikmachenden Leuten hinterherzulaufen, die von der ‚Lüge der digitalen Bildung‘ sprechen.“
Ex-CDU-MdB Sven Volmering in der Debatte um digitale Bildung, 03.07.2015
Als wir die Recherchen für unser Buch "Die Lüge der digitalen Bildung" machten, konnten wir einige kreative Geister kennen lernen, die seit Jahren einen kritischen Blick auf dieses Thema werfen. Einer davon lebt bei Kiel, es ist die emeritierte Gehirnforscherin Prof. Dr. Gertraud Teuchert-Noodt. Sie schrieb sogar einen ausführlichen Gastbeitrag für unser Buch: "Zu Risiken und Chancen fragen Sie das Gehirn" (S. 215-235). Vielen Dank!
Da die Zusammenarbeit so fruchtbar war, entstanden weitere Veröffentlichungen, zum Beispiel dieser Text für die Fachzeitschrift "umwelt medizin gesellschaft". Überschrift: "Ein Bauherr beginnt auch nicht mit dem Dach. Die digitale Revolution verbaut unseren Kindern die Zukunft". Hier folgt der Artikel im Original:
Allzu verständlich sind die Ängste der Eltern, die ihre Kinder chancenlos in der digitalen Welt glauben, wenn die nicht schon im Kindergartenalter Apps programmieren. Doch ganz selten nur beginnt der Bauherr seinen Hausbau mit dem Dach. Warum nur glauben so viele kluge Pädagogen, die kindliche Entwicklung könne beschleunigt werden, indem man deren Fundament einfach weglässt?
Mit den Grundsätzen der Evolution erklären Neurobiologen anschaulich, warum Eltern und Lehrer sich vehement gegen frühkindliche Nutzung von Bildschirm-Medien wehren sollten – damit es nicht zu Sucht, Lernstörungen, Aggressivität oder autistischen Störungen bei den Kleinen kommt. Gertraut Teuchert-Noodt, emeritierte Professorin der Neurobiologie, blickt mit Unverständnis auf die Debatte in Nachbardisziplinen um die richtigen Mittel zur richtigen Zeit. (...)
"Zeitgemäße Argumente - aus der Hirnforschung, der Entwicklungs- und der Motivationspsychologie"
Im Bundestag beschimpft zu werden … gibt´s Schöneres für Buchautoren? Der CDU-MdB Sven Vollmering warnte Anfang Juli, „panikmachenden Leuten hinterherzulaufen, die von der Lüge der digitalen Bildung sprechen“.
Damit konnte er nur unser Buch „Die Lüge der digitalen Bildung“ meinen, mit dem wir bewusst einen Kontrapunkt zum üblichen Digital-Diskurs setzen. Und das mit gutem Grund, wenn wir uns die Reaktionen auf die aktuelle „ICILS 2013“-Studie ansehen. Thema: Computer- und Internetkenntnisse bei 13- bis 14-jährigen Schülern (8. Klasse). (...)
Weiterlesen: Capital
Fast einstimmig wird verkündet: Deutschland liegt bei der Digitali-sierung der Schulen weit zurück, wir verpassen den Anschluss an globale Entwicklungen. Unterschwellig klingt mit, unser Wohlstand sei in Gefahr. So das fast einhellige Echo auf die »ICILS 2013«-Studie, die im November 2014 erschienen ist.
Sie attestierte deutschen Achtklässlern nur Mittelmaß, wenn es um die Nutzung von Computern geht. Daher ist die Digitalisierung der Schulen mit Volldampf voranzutreiben, so die einhellige Forderung aus Politik und Wirtschaft. (...)
Weiterlesen: GEW Bremen
Ein Studienabbruch kann eine persönliche Katastrophe sein. Jahrelang gelernt – und am Ende gescheitert. Wer will nicht verhindern, dass Studenten diese schmerzhafte Erfahrung machen?
Ein Weg in den USA sind „E-Tutoren“: Diese Programme bauen auf den Datenschätzen von Big Data auf und sollen Studierende bei der Entscheidung unterstützen, welche Kurse sie erfolgreich belegen können. Zum Beispiel an der „Austin Peay State University“ in Tennessee, wo die Software „Degree Compass“ zum Einsatz kommt. Sie kann eine Prognose stellen, in welchem Kurs ein Studierender mindestens mit der Note „gut“ abschneidet – und das mit einer Sicherheit von 90 Prozent. (...)
Weiterlesen: Wissenschafts-Thurm